Tourenprogramm

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Neues Ziel:Hochtour Piz Giuv 'Chumm mit...'

Etzlihütte an der Copacabana?

Eigentlich war an diesem sonnigen Wochenende die Tour über das Lagginbiwak auf das Rothorn vorgesehen. Wegen der Corona-Pandemie und dem Schutzkonzept des Lagginbiwaks (stand nur für Notfälle zur Verfügung) musste ein neues Tourenziel gefunden werden.  Nach etlichen Anfragen in verschiedenen Hütten stellte sich heraus, dass glücklicherweise in der Etzlihütte für dieses Wochenende noch elf Schlafplätze frei waren. Als Gipfelbesteigung bot sich der Piz Giuv (Schattig Wichel) an.

Statt in Simplon Dorf starten wir um die Mittagszeit unsere Tour bei der Talstation der Golzernbahn in Bristen. Vom Maderanertal steigen wir  in östlicher Richtung hinauf zum Wald von Limistalden. Bis zum Vorderetzli geniessen wir dankbar den Schatten der Bäume. Danach brennt die Sonne heiss auf uns hinunter. Da kommt der kurze Abstecher in den Alpgasthof Hinter Etrzliboden ganz gelegen. Am Schatten geniessen wir die kühle Erfrischung, bevor es nun steiler über den Tritt und Gulmenstutz zur Etlihütte hinauf geht. Wir staunen nicht schlecht als wir nach vier Stunden Aufstieg in der Etzlihütte eintreffen. Da tummeln sich unzählige junge Frauen im Bikini und Männer in Badehosen auf der Hüttenterrasse. Wir wähnen uns eher an der Copacabana als in einer SAC Hütte. Zuhinterst auf der Terrasse steht ein grosser Hot Pot aus dessen Kamin ein kleines Räuchlein aufsteigt. Nach der Anmeldung beim freundlichen Hüttenteam und dem Zimmerbezug beobachten wir das rege Treiben hinter der Hütte bei einem kühlen Bier etwas genauer. Jede halbe Stunde gibt es im 'Heissen Topf' einen 'Schichtwechsel'. Vor dem Einstieg in den Hot Pot müssen alle einen Abstecher in den Hüttenbrunnen machen um so etwas sauberer in das Becken zu steigen. Bei einem Cüpli oder einem Bier wird die halbe Stunde abgesessen um danach der nächsten Schicht Platz zu machen. Nach Auskunft des Hüttenwartes läuft dies an jedem schönen Wochenende so ab.  Eine etwas ausgefallene Art um neue Besucher in die Hütte zu locken. Aber scheinbar geht die Rechnung auf. Wir machen nach dem ersten Bier lieber einen Abstecher hinunter zum Etzlibach und nehmen abseits des Rummels ein Bad im kalten Bergbach. Wie sich beim Nachtessen herausstellt sind wir die einzigen Alpinisten die an diesem Wochenende.

So sind wir am Morgen auch alleine beim Morgenessen. Wir geniessen den frischen Zopf und den heissen Kaffee und machen uns noch bei Dunkelheit  auf zu unserer Tour auf den Piz Giuv. Hinunter zum Etzlibach und auf der anderen Talseite  wieder hoch über eine ausgeprägte Moräne hinauf zum Spillauibielfirn. Dieser ist in den letzten Jahrzehnten zu einem unbedeutenden Firnfeld zurück geschmolzen. Am Ende des Firnfeldes erreichen wir die Schlüsselstelle dieser Tour. Ein steiles und brüchiges Coulloir hinauf zum Ostgrat. Ein Fixseil erleichtert die Ersteigung des Coulloirs. Über Geröll und Blockfelder erreichen wir bald darauf den Gipfel des Piz Giuv. Über die gleiche Route geht's zurück zur Hütte und wieder durch das lange Tal des Etzlibaches zurück nach Bristen. Anschliessend zum Tourenbericht noch eine tragische Hüttengeschichte der Etzlihütte!

Das tragische Schicksal des ersten Hüttenwarts der Etlihütte

1913 übernimmt Josef Maria Epp das Amt als erster Hüttenwart der Etzlihütte. Als passionierter Strahler unternimmt er von hier aus seine Strahlertouren. 1917 macht er sich ein weiteres Mal auf um am Piz Giuv nach den begehrten Kristallen zu suchen. Auf dem Abstieg fällt er tragisch einem Steinschlag zum Opfer und bleibt vier Tage und drei kalte Oktobernächte mit gebrochenem Oberschenkel liegen.

Der Geissbub Paul Lussmann bringt drei Tage hintereinander Proviant auf die Hütte, trifft aber den Hüttenwart nicht an dabei. Weil am darauf folgenden Tag jeweils das Essen verschwunden war, beunruhigte ihn das nicht und er vermutete Josef Maria auf seiner Strahlertour. Im Tal ahnte damals niemand, dass zur gleichen Zeit im Zuchthaus zu Altdorf zwei Strafgefangene getürmt und via Etzlihütte ins Bünden geflohen waren. Diese haben sich derweil gütlich getan an den Brosamen auf der Etzlihütte.
Am vierten Tage steigt Josef Epp, der Bruder des Hüttenwarts und Josef Lussmann, frühmorgens zur Etzlihütte auf. Ihnen fällt sofort auf, dass niemand in der Schlafstätte übernachtet hat. Weil die Schürfstellen des Josef Maria bekannt waren, begannen sie sofort am Piz Giuv mit der Suche.
Nachdem er die letzte Nacht unter vierzig Zentimeter Neuschnee ausgeharrt hatte war sein Zustand sehr bedenklich. Mit Hilfe von Trägern wurde Josef Maria auf einer Bahre ins Tal getragen wo er drei Tage später seiner Schwäche erlag. Ein tragisches Ende, wenn man bedenkt welche Umstände eine frühere Rettung verunmöglichten.